Bei uns Millennials geht Freiheit, Unabhängigkeit und Selbstverwirklichung über alles. Die Generation ist äußerst freiheitsliebend und will sich selbst finden. Ohne große Einschränkungen wollen wir unser Leben so leben, wie es sich für den Moment richtig anfühlt. Ok, vielleicht klingt das jetzt ein wenig wankelmütig, aber das stört uns nicht. Klar gehört da ein wenig Bindungsangst dazu, schließlich ist jede langfristige und ernstzunehmende Beziehung eine Gefahr für unsere Freiheit und Selbstständigkeit. Daher ist es wahrscheinlich auch kein Wunder, dass wir nicht erst seit dem gleichnamigen Film als Generation Beziehungsunfähig gelten.
Den perfekten Job aus Lebenszeit gibt es nicht
Allerdings betrifft das nicht nur die Beziehung zu einem andern Mann oder einer anderen Frau. Denn unser sich-nicht-festlegen wollen, reicht viel weiter. Das geht schon bei einer Verabredung am Wochenende los, die man weder ab noch zusagen möchte. Schließlich könnte noch etwas Besseres kommen, aber man möchte am Ende auch nicht alleine auf der Couch versauern. Wir gehen auch lieber jeden Tag in den Supermarkt, statt einen Wocheneinkauf zu machen – woher soll ich am Montag wissen, was ich am Samstag essen möchte.
Unsere Unabhängigkeit macht auch für unseren Jobs keinen Halt. Wie unsere Eltern ein Leben lang bei einer Firma arbeiten, egal wie Scheiße es ist: no way. Und selbst wenn der Arbeitgeber gar nicht so schlecht ist, wollen wir Abwechslung, uns weiterentwickeln und Neues kennenlernen. Das lässt sich bei ein und demselben Arbeitgeber einfach schwer vereinbaren. Daher muss alle paar Jahre ein neuer her.
Lange Verträge? Nicht mit uns!
Wir wollen uns auch nicht von langen Verträgen, Krediten und Commitments knechten lassen. Das Abschließen eines Netflix-Abos, das ich jederzeit einfach kündigen kann: easy. Ein Haus, das ich die nächsten 30 Jahre abzahle: bin ich bescheuert?
Gut dass sich die Welt langsam auch auf uns eingestellt hat und unseren Bedürfnissen nachkommt. Sämtliche Streaming-Anbieter wie Netflix, Spotify und Co sind da nur ein Beispiel. So kann man mittlerweile auch die meisten Handyverträge monatlich kündigen. Das kostet zwar etwas mehr, aber die paar Euro ist uns unsere Freiheit allemal wert. Schließlich weiß man nie, wie die Welt morgen aussieht und welche tollen Angebote auf uns warten. Wahrscheinlich ändern wir unsere Tarife auch nicht öfter als die Boomer, aber es fühlt sich einfach gut an, die jederzeit die Möglichkeit zu haben.
Bitte möglichst unverbindlich
Wie jeder Generation wird uns von den älteren Generationen so einiges vorgeworfen. Bei den Millenials ist es, dass wir nur uns selbst lieben, egozentrisch sind und nicht fähig, eine gute, langfristige Beziehung zu führen. Aber ist das wirklich so? Sind wir selbstverliebt, nur weil wir unsere Freiheit lieben?
Ja, wir wollen frei sein und ohne schlechtem Gewissen beim Ausgehen flirten. Ohne Rechtfertigungen und Drama mal ein paar Tage untertauchen und nicht antworten. YOLO eben. Das wir wirklich komplett beziehungsunfähig sind, bezweifle ich aber trotzdem stark. Es ist vielmehr eine Art von Bindungsunwilligkeit, aus Angst, etwas zu verpassen.
Ich will nicht bloß ein Stück, ich will den ganzen Kuchen
Unsere Freundschaften haben sich durch den Spirit der Millennials ebenfalls enorm verändert. Weltreisen, Auslandssemester, WG-Partys auf der ganzen Welt – und plötzlich zählen Jenny aus Neuseeland und Tom aus Amerika zu unseren Freunden und sind uns wichtig. Aber auch unsere daheimgebliebenen Freunde liegen uns am Herzen, doch jeder macht halt sein Ding. Wir halten Kontakt über Whats App, Instagram oder Skype und stehen uns so trotzdem nahe. Zumindest fühlt es sich so an. Zumindest manchmal.
Am Ende des Tages, nach den unzähligen erlebten Erfahrungen, wollen wir uns dennoch fast alle an andere Menschen oder Dinge binden. Denn ohne enge soziale Kontakte kommen wir nicht gut zurecht. Wir brauchen die Tiefe enger Beziehungen. Alle paar Monate andere Partner und neue Bekannte zu haben, ist bestimmt interessant, doch manche Erfahrungen in einer Beziehung macht man erst, wenn man mehrere Jahre zusammen bleibt. Es entsteht eine Verbundenheit und ein Vertrauen, das oberflächliche Bekanntschaften nicht erfüllen können. Bekannte auf der ganzen Welt zu haben, ist ein tolles Gefühl, aber dennoch ganz anders als die Zeit mit den echten Freunden zu verbringen, die den Weg schon so lange mit einem gehen. Dich in und auswendig kennen und auch an deinen schlechten Tagen lieben.
Ungebundenheit ist schön für eine gewisse Zeit und wir sollten sie genießen, solange wir von Neuseeland bis Canada reisen. Doch die tiefgehenden, zwischenmenschlichen Erfahrungen sind vermutlich diejenigen, die uns am meisten prägen. Und unsere Bindungsangst? Die können wir noch immer mit dem jederzeit kündbaren Netflix-Abo, den täglichen Einkäufen im Supermarkt und dem ungebundenen Handyvertrag von O2 frönen.
Was sind gleich nochmal die Millennials?
Zum Abschluss ein kleiner Exkurs. Die sogenannten Millennials oder die Generation Y sind alle, die zwischen 1980 und den späten 1990ern, also um die Jahrtausendwende, geboren sind. Die Millennials werden als Digital Nativs bezeichnet, da sie die erste Generation sind, die mit dem Internet aufgewachsen sind. Sie gelten als technikaffin und legen großen Wert auf ihre Selbstverwirklichung. In der Arbeit ist ihnen eine gute Work-Live-Balance wichtig und sie hinterfragen die Sinnhaftigkeit der Arbeit stärker als die Generationen davor. Sie wollen frei und unabhängig sein, die Welt entdecken und viel erleben.